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Gesetzgebung und Baukostensenkung

(Auszug aus dem Manuskript zu einem Beitrag Bundesbaublatt Heft 2/96)

Zur Vereinfachung des Baugenehmigungsverfahrens

Die Vereinfachung des Baugenehmigungsverfahrens ist immer wieder Gegenstand der öffentlichen Auseinandersetzung. Das Ziel ist völlig unstrittig, die Herangehensweise an die Problematik allerdings mehr als fragwürdig.

Das größte Gewicht bei einer Reform hat die Verwaltung. Diese ist zwangsläufig um Besitzstandswahrung bemüht.

Das Zugeständnis zur Durchführung des Bauanzeigeverfahrens bei Vorhaben im Geltungsbereich von Bebauungsplänen entstand auf politischen Druck. Das Bauanzeigeverfahren kann jedoch schätzungsweise bei 5 % der Bauantragsstellungen in den neuen Bundesländern angewendet werden.

Demgegenüber versuchen die Behörden, ihre Wichtigkeit zu untermauern. Das beginnt mit ständig wechselnden Bauantragsformularen und endet im Land Brandenburg damit, daß auf allen Zeichnungen und Berechnungen die Unterschrift des Bauherren gefordert wird. Fehlt eine Unterschrift auf einer technischen Unterlage, dann ist der Tatbestand eines wesentlichen Mangels erfüllt.

Allein für die Kontrolle der Einhaltung der Formalismen werden ein bis zwei Bearbeiter benötigt.

Weitere deutliche Hemmnisse bei der Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens bestehen in der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Ein besonderes Hemmnis ist die Abfrage der gesicherten Wasser- und Abwasserversorgung. Dabei liegt die Verantwortung bei der Kommune. Die Praxis zeigt jedoch, daß die Stellungnahme von Wasser- und Abwasserverbänden eingeholt werden muß, weil die Aufgabe von der Kommune dorthin übertragen wurde. So wird der Bauherr zum Spielball der Kommune. Eigentlich könnte die Anschlußmöglichkeit im Regelfall im Rahmen der Abgabe der Stellungnahme der Gemeinde geklärt werden. Fehlt eine öffentliche Abwasserentsorgung, dann ist es natürlich, daß Bauherr und Planer mit der Wasserbehörde nach einer Lösung suchen.

Eine weitere Erleichterung des Baugenehmigungsverfahrens könnte darin bestehen, daß bei einer Reihe einfacher Vorhaben die Stellungnahme der Gemeinde genügt, wobei die Einbeziehung der Bauaufsicht im Einzelfall nicht ausgeschlossen sein darf.

Zu dieser Kategorie zählen:

  • einfache Änderungen an der Fassade, wie Vergrößerung von Fenstern, Einbau von Türen, Schließen von Öffnungen
  • Errichtung von Garagen mit maximal zwei bis vier Stellplätzen
  • Errichtung von Vorbau und Erkern an bestehenden Bauwerken
  • Dachgeschoßausbau

Die Vorlage geprüfter technischer Unterlagen wie Statik und Wärmeschutznachweis ist Bedingung.

  • Leider geht in der mehreren Bundesländern die Tendenz in eine ganz andere Richtung. Die Prüfung der Statik soll möglichst vereinfacht werden. In bestimmten Fällen will man darauf verzichten.

Welche Folgen das haben kann, sei an einem Beispiel gezeigt. Vor einem Jahr wurde ich bei Abnahme eines Eigenheimes - eines Fertighauses - im Land Sachsen als Gutachter hinzugezogen. Die Planung und Errichtung des Gebäudes lagen ausschließlich in der Hand der Baufirma.

Bei der Abnahme mußte ich wesentliche Mängel feststellen, von denen nachfolgend nur einige genannt werden:

  • Die Windrispenbänder waren nicht gespannt.
  • Die Mittelpfetten lagen entgegen der Planungsunterlagen nicht auf den Querwänden.
  • Die Trennwände mit den Lasten aus den Mittelpfetten sollten halbsteindick aus Kalksandsteinen gemauert werden. Zur Anwendung kam 10 cm dicker Gasbeton.
  • Der Kniestock war nicht nachgewiesen. Bei zweimaliger Aufforderung, den Standsicherheitsnachweis zu erbringen, wurden jeweils andere Dachtragswerksmodelle vorgelegt. Bei allen drei Systemen wurde kein Nachweis für die Abtragung der Horizontallasten erbracht.
  • Vom Elementedeckenhersteller wurde eine Umbemessung der ursprünglich als 2chsig gespannt dimensionierten Decken vorgenommen. Dabei wurde für die Erdgeschoßdecke die große Spannrichtung festgelegt. Damit war der Schlankheitsnachweis nicht erfüllbar. Ein Vergleich der Schnittkräfte mit der der Originalstatik brachte zutage, daß in der Hauptspannrichtung nur etwa 60 % der erforderlichen Stahlmenge eingelegt waren. Im Bereich des Erkers wurde der Überzug weggelassen. (Eine spätere Berechnung der Schnittkräfte mit Hilfe der FEM ergab eine wesentliche Reduzierung der Beanspruchung, so daß die Tragfähigkeit ausreichend ist.) Gerüchten zufolge sollen beim Betonieren der Erdgeschoßdecken die Absteifungen nur auf die Kellerdecke gesetzt worden sein. Die Kellerdecke selbst wurde nicht unterstützt. Deshalb hängt die Erdgeschoßdecke ca. 4 cm durch.
  • Die Kellerdecke war ebenfalls mit wesentlichen Mängeln behaftet. Deshalb mußten in 2 Räumen nachträglich zusätzliche Stützen eingebaut werden.
  • Die Treppen wurden nicht projektgerecht hergestellt. Die Kellertreppe hatte eine nutzbare Breite von 64 cm. Die Durchgangshöhe von 2,00 m ist nicht gewährleistet. Die Treppe zum Dachgeschoß hat Steigungshöhen bis zu 21,5 cm.
  • Obwohl diese Eigenheim nach allgemeiner Auffassung keine Schwierigkeit darstellen sollte, häuften sich hier wesentliche Mängel. Es entsteht somit eine erhebliches Risiko, wenn Bauwerke keiner fachgerechten Kontrolle unterliegen. Bedenkt man mit welchen finanziellen Verlusten gerechnet werden muß, wenn man auf staatliche Kontrollmechanismen verzichtet wird, dann werden die fehlende Unterschrift, der nicht nachgewiesen PKW-Stellplatz oder der nicht ausgefüllte Statistikbogen zu einer Angelegenheit geringsten Grades. Trotz mehrfacher Aufforderungen hat die zuständige Bauaufsichtsbehörde hier von ihrem Recht Gebrauch gemacht, auf eine Bauzustandsbesichtigung zu verzichten.

Dieses extreme Beispiel stimmt noch insofern nachdenklich, als die Baufirma behauptet, bereits mehr als 50 Eigenheime errichtet zu haben. Eine schwache Hoffnung basiert auf der Annahme, daß andere Entwürfe zugrunde liegen.


Fotoaufnahme 05/99